Die Mutter des Meeres
Die Mutter des Meeres

Die Mutter des Meeres

Die Mutter des Meeres –

Die Mutter des Meeres von Aka Høegh – Nuuk, Grönland.

Die Kultur der grönländischen Inuit ist voller Mythen, in denen das Spirituelle und Übernatürliche eine bedeutende Rolle spielt. In ihrer Welt war früher alles beseelt: Mensch, Tier und Natur.

Einige dieser Mythen zeigen ein tiefes Verständnis für die Auswirkungen unseres menschlichen Handelns auf die Natur und dessen Folgen für unser aller Überleben. Deren Weisheit ist zeitlos.

Besonders schön finde ich die Geschichte von Immap Ukuua der Mutter des Meeres.

Sie bekommt je nach Region verschiedene Namen und einige Versionen unterscheiden sich etwas voneinander aber im Wesentlichen sind sie alle ähnlich. Hier meine Lieblingsversion:

„Sedna war ein wunderschönes Mädchen. Sie war schön und klug
und eine geschickte Jägerin. Jeder Mann hätte sie gern zur Frau
genommen, aber keinem fand sie gut genug.

Ihr Vater war nicht glücklich darüber, dass sie sich anders als alle 
anderen Frauen im Ort verhielt. Er fand es wäre an der Zeit, dass
ein junger Mann für sie sorge. Eines Tages überzeugte ihn ein fremder
Jäger, dass es ihr bei ihm an Nahrung und Fellen nie fehlen würde.

Er willigte in die Heirat ein und übergab ihm seine Tochter. Als der
Jäger Sedna zu sich nachhause nahm entdeckte sie, dasser ein
Geist war, ein Rabe im Körper eines Mannes. Sie weinte so laut, dass
der Wind ihre Klage zu ihrem Vater trug.  

Es tat ihm leid, dass er sie so verheiratet hatte und holte sie eines 
Nachts mit seinem Kajak ab. Der Rabe merkte es und schlug mit 
den Flügeln so stark, dass hohe Wellen das Kajak zu kentern drohten.

Er verspürte solche Angst, dass als sie ins Wasser fiel und sich
mit den Händen am Kajak festhielt, er ihr die Finger mit seinem
Messer abschnitt und sie in den Meeresgrund versank. 

Aus ihren Blutstropfen entstanden Fische, aus ihren Fingern
Vögel, Robben, Wale, Walross, Rentier, Moschus-Ochse und
Eisbär. Sie lebt seitdem im Meer und sorgt dafür,
dass die Menschen sich gut benehmen.

Wenn sie zu gierig sind und die Natur ausbeuten, wenn sie ihr keine
Achtung entgegenbringen, dann verfilzen Sednas lange Haare im
Meer und die Tiere verfangen sich darin. Weil sie keine Finger hat sie

zu kämmen, findet der Mensch nichts mehr zu jagen und verhungert.
Wird sie wütend und schickt Stürme und hohe Wellen, ertrinken die Jäger. 

Genau dies geschah einmal vor langer Zeit und Angakkoq, der 
Schamane, besuchte Sedna in ihrem Reich, um sie zu besänftigen.
Er kämmte ihr Haar bis es ganz frei von Tieren und Algen war.
  

Die Mutter des Meeres dankte ihm und sagte ihn, dass nur wenn
die Inuit in Zukunft im Gleichgewicht mit der Natur lebten, sie
genug Tiere freilassen könnte für deren Jagt. Und seit damals
halten sich die Inuit an dieses Versprechen.“

Mich fasziniert, wie zeitlos diese schöne Geschichte über die Schöpfung der arktischen Tiere ist. Sie ist Mahnung mit der Natur respektvoll und nachhaltig umzugehen und gleichzeitig Beispiel von weiblicher Stärke und Resilienz.

Sedna kämpft zuerst für ihre Freiheit, im Sturm um ihr Leben und zum Schluss -nachdem sie vom eigenen Vater verraten wird, er ihr die Finger abschneidet und sie auf dem Meeresgrund sinkt- um ihre Vergangenheitsbewältigung.

Sie kann nicht verhindern, was ihr widerfährt aber sie kann sich von der Vergangenheit befreien und wird zur Mutter des Meeres: Keine rachsüchtige Meeresgöttin, sondern eine Hilfe für die Menschen, ihre Umwelt und sich selbst zu erhalten.

Hast du auch eine Lieblingsversion von der Mutter des Meeres? Schreib mir gerne einen Kommentar!

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